Leider gibt es sie immer noch: Astrologen und Astrologinnen, die so tun, als wäre die Form, wie sich Konstellationen im Horoskop zeigen, entwickeln und verwirklichen, eindimensional festgelegt. So, als gäbe es keinen freien Willen, keine Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung, keine Vielfalt in der Art und Weise, wie Konstellationen sich zeigen. Stattdessen wird so getan, als wüsste man beim Anblick eines Horoskops alles über einen Menschen: unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf, Gesellschaftsschicht, überwundenen Krisen im Leben und dem persönlichem Entwicklungsweg.
Inhaltsverzeichnis
Schwarz-weiß Deutungen in der Astrologie
Aussagen wie „Mit Mars in 8 hat Ihr Sohn später sicher mal Erbschaftsstreitigkeiten zu erwarten!“ oder „Dein Mann schläft mit Deiner besten Freundin! Das erkenne ich an seinem Horoskop!“ sind nicht nur nicht hilfreich, sie sind schlechtweg – auch im astrologischen Sinne – falsch!
Diese Aussagen postulieren, dass jede Konstellation sich nur in dieser einen Form, sich nur in dieser einen Art und Weise entfalten kann. Das widerspricht aber vollkommen dem Grundsatz der Astrologie, dass es um Analogien und Qualitäten geht, die sich in vielfältigster Form zeigen können. Zwar immer innerhalb einer bestimmten Qualität, aber in unterschiedlichsten konkreten Ausprägungen.
Diese Form der astrologischen Beratung richtet nicht nur immensen Schaden bei Kunden und Kundinnen an (und macht zurecht Angst!), sie schadet auch dem Berufsstand der Astrologie. Unter solch einer Prämisse ist die Ablehnung und Kritik an der Astrologie durchaus berechtigt und absolut nachvollziehbar!
Es ist aber die Hybris des Astrologen, die hier zu Tragen kommt, und nicht die Schuld der Astrologie! Mehr Demut und Bewunderung für die Kreativität, Stärke und Lösungskompetenz unserer Kunden wäre angebracht!
Tatsächlich ist es nicht möglich, die konkrete Form der Entfaltung am Horoskop vorauszusagen! Das hat mehrere Gründe und soll im Folgenden beleuchtet werden.
Bedeutung von Potenzialen im Horoskop
Wie ein Horoskop entsteht
Das Horoskop, auch Radix, Chart oder Geburtsbild genannt, wird auf den Moment und Ort der Geburt erstellt. Dabei werden die zu diesem Moment aktuellen Planetenstände in den Tierkreis eingetragen. Durch den Ort ergibt sich auch der Horizont, welcher ebenfalls im Horoskop eingetragen wird. Er legt den sogenannten Aszendenten fest: also das Tierkreiszeichen, welches zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort im Osten aufgeht.
Das Geburtsbild gilt Dein ganzes Leben lang
Zunächst muss man wissen, dass sich das Horoskop im Laufe des Lebens nicht verändert. Es ist wie ein individueller Fingerabdruck, welcher das ganze Leben lang gleichbleibt. Wenn Du also zum Beispiel vom Sternzeichen (besser Tierkreiszeichen) Schütze bist und einen Waage-Aszendenten hast, so hast Du diese Konstellation Dein ganzes Leben lang!
Was sich im Laufe des Lebens aber verändern wird, ist der Umgang mit Deinen Geburts-Konstellationen. Themen, die in der Kindheit schwierig sind, können im späteren Leben zu einer starken Kraft heranreifen. Es kommt darauf an, was wir aus den uns gegebenen Talenten und Potenzialen machen!
Daher gibt es 5 gute Gründe, warum Dein Horoskop nicht zeigt, „wie Du bist“ – und welche Möglichkeiten sich daraus ergeben.
1. Das Horoskop beschreibt Potenziale, keine „Ist-Zustände“
Das Horoskop zeigt nicht „was ist“ – im Sinne von: „Kann sich nur so und nicht anders zeigen, keine Chance auf Veränderung!“. Stattdessen zeigt das Horoskop „was sein kann“ – im Sinne von „Das kann so sein – aber auch so… oder so… oder so“. Damit zeigt das Geburtsbild Möglichkeiten – Potenziale – und lässt erkennen, was wir lernen müssen, um zu werden, wer wir sind.
Ein Potenzial zeigt an, was sich entwickeln kann, ohne darauf festzulegen, ob es sich denn auch entwickeln wird.
Stell Dir ein Samenkorn vor – einen Apfelkern zum Beispiel. In diesem Samen ist das Potenzial für einen ganzen Baum angelegt. Wenn man diesen Apfelkern in gute Erde steckt, ihn ausreichend mit Wasser und Sonnenlicht versorgt, wird daraus ein starker, gesunder Baum wachsen, welcher seinerseits wieder Früchte tragen kann. Das Potenzial dafür ist bereits im Kern angelegt.
Wenn man den Kern aber in einem Küchenregal liegen lässt, wird sich das in ihm vorhandene Potenzial nicht entfalten. Das Potenzial ist im Kern immer noch vorhanden, aber es wird nicht zum Ausdruck kommen. Potenziale zeigen also an, was denn an Entwicklung möglich ist, nicht, was sich letztlich tatsächlich entwickeln wird!
Umgelegt auf die Astrologie bedeutet das: ein Horoskop zeigt an, was an Stärken und Schwächen als Möglichkeit angelegt ist. Was der einzelne Mensch aber aus seinen Potenzialen macht und wie er sie zum Leben erweckt, ist am Horoskop nicht ablesbar!
2. Ein Prinzip – viele Verwirklichungsebenen
Jedes astrologische Prinzip kann sich in verschiedenen Ebenen manifestieren. Welche Ebene die Person in ihrem Leben wählt oder erlebt, ist nicht erkennbar.
Die Themen jedes astrologischen Prinzips können sich in verschiedensten Verwirklichungsebenen im Leben zeigen: welchen Beruf ich wähle, welches Auto ich fahre, welche Haustiere ich habe, welche Form von Urlaub ich mag, welche Filme ich mir ansehe, welche Form von Beziehungen ich bevorzuge, wie ich wohne, …
Nehmen wir zum Beispiel das Stier-Prinzip: hier geht es um Verwurzelung und Absicherung des Erreichten. Dem Erd-Element zugeordnet, spielt beim Stier-Prinzip Materie und Sicherheit in jeder Form eine große Rolle: damit auch Geld und Einnahmen, der Umgang mit Besitz und Eigentum sowie Abgrenzung nach außen (Alarmanlage). Da Sicherheit ein wichtiges Thema für den Stier ist, setzt er eher auf traditionelle Werte, die sich gut bewährt haben. Wenn ich in Sicherheit lebe – vor allem in physischer Hinsicht –, kann ich zur Ruhe kommen und beginnen, das Leben von seiner entspannten, genussvollen Seite zu leben. Dann spielen Geselligkeit, Friedfertigkeit und Gemütlichkeit eine wichtige Rolle.
Die konkrete Erscheinungsform innerhalb der Verwirklichungsebene muss nun also der Qualität des astrologischen Prinzips Rechnung tragen. Beim Stier-Prinzip wäre das: sicher, stabil, traditionell, werteorientiert, genussvoll, ausdauern, langsam, friedfertig, …
Hier nun ein paar Beispiele von Verwirklichungsebenen (in Klammern), exemplarisch für das Stier-Prinzip ausgeführt:
- lieber der gediegene Volvo als der schnelle Porsche (Auto)
- eher der duftende Flieder als die stachelige Berberitze (Pflanzen)
- besser die entspannte Wellness-Oase als die aufregende Abendteuer-Reise (Urlaub)
- eher der gemütliche Basset als der unruhige Windhund (Hunderassen)
- lieber traditionelle Trachtenmode als der elegante Leopardenmantel (Bekleidung)
Die Liste der Verwirklichungsebenen könnte dabei unendlich fortgeführt werden: Literatur, Baustile, Geschmäcker, Heilsteine, Farben, Formen, …
Damit ist am Horoskop zwar erkennbar, welche Qualität hier als Potential angelegt ist – die konkrete Ebene oder die konkrete Erscheinungsform, die sich letztlich manifestieren wird, ist nicht vorgegeben oder erkennbar!
Selbst wenn man erkennt, welche Qualität im Lebensbereich Beruf genutzt werden soll, so gibt es bei der Auswahl des konkreten Berufes immer noch eine große Bandbreite – hier exemplarisch am Stier-Prinzip ausgeführt:
- vielleicht bin ich Juwelier von Beruf und handle täglich mit wertvollem Schmuck (Besitz)
- vielleicht bin ich Zuckerbäcker und widme mich dem Geschmack im Leben (Genuss)
- oder ich bin Gärtner und genieße es jeden Tag, mit Mutter Erde zu tun zu haben (Erdung)
Das ist eine kleine Auswahl an Möglichkeiten der Verwirklichung auf beruflicher Ebene, alleine nur für das Stier-Prinzip.
Mit Hilfe der Astrologie kann ich also erkennen, welche QUALITÄT sich verwirklichen soll, die konkrete Verwirklichungsebene (Beruf, Auto, Pflanze, …) oder Form (Juwelier, Zuckerbäcker, Gärtner für Berufe) ist dabei der Kreativität des Menschen vorbehalten und per se nicht festgelegt. Manchmal kann es ja sogar vorkommen, dass Menschen ihren Beruf im Laufe des Lebens wechseln… vom Juwelier zum Bäcker… oder umgekehrt.
3. Die drei Erlebnisformen – ein Entwicklungsweg
Jede Verwirklichungsebene kann in 3 verschiedenen Formen zum Ausdruck gebracht werden: in einer gehemmten oder unterdrückten Form, in einer kompensierten oder übersteigerten Form und in einer gesunden erlösten Form.
Bleiben wir beim Stier-Prinzip und der einen Verwirklichungsebene „Umgang mit Geld“:
- die gehemmte oder unterdrückte Form wäre Armutsdenken, immer um sein Geld bangen und kein Geld haben. Auch für sehr wenig Lohn arbeiten und dem eigenen Sein wenig Wert beimessen, gehört hier dazu (Geld und Selbstwert werden beide dem Stier-Prinzip zugeordnet). Diese Form kann auch auf andere projiziert werden: dann lebe ich möglicherweise im Neid, weil andere das haben, was ich mir verwehre. Oder ich verdamme Geld überhaupt, weil „Geld verdirbt den Charakter“, „Geld stinkt“, … Wie soll bei so einer Haltung Wohlstand entstehen?
- Die übersteigerte Form wäre Geldgier, übermäßiger Reichtum nur zum eigenen Wohle und ausbeuterische Habgier. Gesundheitlich wird der Hals dem Stier-Prinzip zugeordnet – „Geiz-Hals“, „Geiz-Kragen“, „Halsabschneider“ und „den Hals nicht voll bekommen“ zeigen, wie sehr diese Zuordnung im Sprachgebrauch eingebunden ist.
- In der erlösten Form lebe ich im Wohlstand und kann mein Geld auch genießen, weil ich weiß, dass ich immer genug davon haben werde. Sollte ich mal alles verlieren, vertraue ich in mich und meine Talente, dass ich alles wieder erwirtschaften kann.
Der Punkt ist nun, dass nicht erkennbar ist, welche dieser 3 Erlebnisformen die Person aktuell lebt. Es kann ja sein, dass in jungen Jahren Armut und Mangel vorherrschten, mittlerweile aber guter Wohlstand erreicht wurde – oder umgekehrt!
Das Horoskopbild hat sich nicht verändert, wohl aber die Art und Weise, wie die Person diese Konstellation lebt. Da am Bild selbst ist nicht erkennbar ist, welche Form die aktuell erlebte ist, benötigt es das Gespräch, wo die Person gerade steht und was jetzt an Lernaufgaben gerade ansteht.
4. Nichts ist in Stein gemeißelt!
Es ist nicht festgelegt, wie man ein angelegtes Potenzial im Horoskop lebt! Jede Konstellation im Horoskop kann in einer starken, selbstbestimmten und gesunden Form gelebt werden.
Vieles, was wir in unserer Kindheit und jungen Jahren in der gehemmten Form erleben, können wir durch persönliche Wachstumsprozesse und Entwicklung unserer Potenziale in eine aktiv-übersteigerte und idealerweise starke, erlöste Form bringen.
Darin liegt die Chance für jedes Potenzial, welches im Horoskop angelegt ist! Nichts davon muss dauerhaft in der gehemmten Form erlebt werden! Wir sind dazu aufgefordert, aus der Opfer-Rolle auszusteigen und Verantwortung für unser Leben zu übernehmen.
Der Weg zur erlösten Form kann aber zugegebenermaßen eine Weile dauern und erfordert mitunter in erster Linie Bewusstwerdung und den Mut, hinzusehen. Der Blick ins Horoskop kann dabei auch verraten, wann dazu besonders gute Zeitfenster sind!
5. Das unendliche Potenzial des Menschen
Nicht zuletzt, haben wir viel mehr Möglichkeiten und Potenziale angelegt, als wir jemals nutzen! Manche Facetten des Horoskops leben wir in einer starken, kreativen und selbstbestimmten Art, andere bleiben wohl ein Leben lang brach liegen, ohne dass wir ihre Kraft und Stärke je entfalten.
Welche Potenziale Du entwickelst und zu voller Blüte bringst, welche Du auf andere projizierst und „von außen leben lässt“ und welche Du liegen lässt und in den Schatten drängst, ist dabei letztlich Deinem freien Willen unterworfen.
Daher kann die Astrologie wohl die Potenziale beschreiben – leben und entfalten musst Du es aber selbst!